Mittwoch, 21. Mai 2025
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    „Coco Chanel war ihrer Zeit voraus“

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    Vergangenes Jahr gab Christoph Tomanek aus Rotherbaum mit dem Stück „Gespenster“ von Henrik Ibsen sein Regiedebüt. Nun sitzt der Schauspieler erneut neben der Bühne, bei „La vie de Coco Chanel“ im Ernst Deutsch Theater – ein Monolog der Schauspielerin Louisa Stroux über eine faszinierende Frau.

    Alster-Aktuell: Nach Gespenster von Ibsen nun etwas über das Leben von Coco Chanel. Ein starker Kontrast. Wie kam es dazu? 
    Christoph Tomanek: Nach der Premiere von „Gespenster“ im Ernst Deutsch Theater wurde ich von der Intendanz gefragt, ob ich mir dort eine weitere Regiearbeit vorstellen könne – einen Monolog über Chanel, gespielt und gesprochen in Ich-Form von der zauberhaften Louisa Stroux, die als Coco Chanel auf einer sehr reduzierten Bühne ihr Leben reflektiert. Wer kann da Nein sagen, zumal ich das Thema spannend und faszinierend finde. Vor allem auch die Protagonisten, wie Karl Lagerfeld.

    Gibt es auch etwas, das dich an Coco Chanel fasziniert?
    Da ist so vieles … (überlegt) schon ihr Lebensweg. Ich vermute, dass der in Deutschland nicht so bekannt ist, wie in Frankreich. Coco Chanel hat sich aus ärmlichsten Verhältnissen zu einer der bedeutendsten Frauen des 20. Jahrhunderts hochgearbeitet. Als sie 12 Jahre alt war, starb ihre Mutter und der Vater gab sie in ein von Nonnen geführtes Waisenhaus. Dort erlernte sie den Beruf der Näherin und schlug sich später unter anderem als Schneiderin durch. Und dann hat sie es durch unglaublich viele Zufälle immer weiter in die Gesellschaft Frankreichs geschafft. Etwa als Geliebte, um es mal nett auszudrücken, eines Industrieerben, durch den sie Zugang zum mondänen Leben der Zeit kurz nach der Jahrhundertwende erlangte. Dank seiner finanziellen Unterstützung eröffnete sie 1909 in Paris ein Hutgeschäft. 1913 folgte dann in Deauville eine Modeboutique und damit die Gründung von Chanel und der Start einer erfolgreichen Karriere.
    Mich beeindruckt, dass sie trotz vieler Schicksalsschläge, ihre große Liebe starb beispielsweise bei einem Autounfall, immer wieder aufgestanden ist. Sie hat eigentlich eine Männergeschichte als Frau gelebt, im Sinne eines Aufstiegs, der damals in der Regel nur Männern vorbehalten und gelungen ist.

    Trotzdem gab es auch ein ganz dunkles Kapitel …
    Ja, das ist die große Krux. Im von den Nazis besetzten Paris war sie ab 1940 mit dem Geheimdienstoffizier Hans Günther von Dincklage liiert. Durch ihn konnte sie in ihr geliebtes Hôtel Ritz zurückkehren, in dem sie vor dem Krieg lebte. Sie bestritt jede Kollaboration mit den Nazis, wurde später aber sogar als Spionin geführt. Sie sollte gegen Ende des Krieges ihren Freund Winston Churchill im Auftrag der Deutschen treffen, um einen Separat-Frieden zu schließen. Dazu kam es nicht. Eine unfassbare Geschichte. Verständlicherweise war sie nach dem Krieg bei der französischen Gesellschaft in Ungnade gefallen. Sie musste fliehen und kehrte erst rund 9 Jahre später in die Modewelt zurück.    

    Und was nehmen die Besucher außer spannenden Fakten über die Mode-Ikone mit nach Hause – gibt es eine Botschaft? 
    Also die Botschaft ist, dass man, wenn man für seine Ideale und Ideen brennt, viel erreichen kann. Und, dass man in der Arbeit sein Glück finden kann. Das ist natürlich nicht ganz so populär, aber es stimmt.  
    Und man begreift, dass Coco Chanel eine Vorkämpferin für viele Dinge von heute war. Sie hat nie über Benachteiligung von Frauen offensiv gesprochen, sondern hat es immer als selbstverständlich erachtet als Frau so zu sein und zu leben, wie sie wollte. Eine echte Inspiration. 
    Außerdem wird einem noch mal bewusst, dass man nicht nur auf  Äußerlichkeiten achten sollte. Bei ihr war nach außen hin modisch immer alles top und fast alles wirkte perfekt und glamourös, aber in Wirklichkeit hatte sie ein sehr vielschichtiges und unerwartetes Leben. Es ist halt immer spannend zu sehen, wie zerbrechlich und fragil das Leben hinter Fassaden sein kann. 


    TIPP: La vie de Coco Chanel von Ernst Konarek läuft 6x auf der plattform-Bühne des EDT, Infos und Tickets für 30€/erm. 15 € gibt es HIER.

    Foto: Hat sich für seine zweite Regiearbeit intensiv mit Coco Chanel befasst und bewundert ihre Stärke, mit Schicksalsschlägen umzugehen: Christoph Tomanek. © Kai Wehl

    Kai Wehl
    Kai Wehl
    Chefredakteur
    Anzeigen-Spezial

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