Der Hamburger Joschua Gumpert hat sich nicht nur der Kunst, sondern auch dem Umweltschutz verschrieben. Aus diesem Grund hat der 28-Jährige, der sich als Statement Art Künstler bezeichnet, gerade in seiner Galerie an der Alster die Vernissage zur Ausstellung seiner Werke zum Spendenevent für das Umweltschutzprojekt „We Need Moor“ werden lassen.
Sie bezeichnen sich als politischen Künstler und möchten mit Ihrer Kunst „Visionen und Lösungsansätze eröffnen, wie wir die Vielfalt und die Schönheit dieses Planeten bewahren“ {…} können. Finde ich gut, allerdings frage ich mich, wie Kunst Lösungsansätze eröffnen kann. Wie gelingt Ihnen das, bzw. mit welchen Mitteln setzen Sie es um?
Ich bin seit 10 Jahren im Bereich der Kunst tätig und seit vielen Jahren befasse ich mich intensiver mit Visionen und Lösungsansätzen. Meine Arbeit beginnt zunächst mit einer Recherchephase von bis zu einem Jahr, in der ich mich intensiv mit einer Thematik beschäftige.
Beim Thema Moor habe ich vor genau einem Jahr mit der Recherche begonnen. Dabei versuche ich wirklich, in die Thematik einzudringen und führe beispielsweise Experteninterviews, um wissenschaftlich fundiert ein künstlerisches Konzept aufzubauen. Ich persönlich finde, dass Kunst ein unheimlich guter emotionaler Träger sein kann, um einen Lösungsansatz oder eine Idee zu forcieren. Die Malerei bietet genau diesen Träger: Menschen, die von einem gesprochenen Wort nicht überzeugt werden, können vielleicht durch die ästhetische Umsetzung einer Idee inspiriert oder fasziniert werden.
Die Kunstaktion läuft zugunsten Ihrer gemeinnützigen Umweltschutzorganisation ONE PLANET Organization, die Sie 2020 im Alter von 24 Jahren gegründet haben. Respekt. Was war Anlass der Gründung?
Ich befasse mich seit meinem 18. Lebensjahr mit der Klima- und Ökologiekrise und habe mehrere Praktika in Umweltschutzorganisationen und gemeinnützigen Vereinen gemacht. Ich hatte schon lange den Wunsch, etwas Eigenes aufzubauen. Durch meine Erfahrungen, sowohl mit positiven als auch negativen Beispielen, wurde mir bewusst, wie wichtig es ist, den Verwaltungsaufwand bei einer Umweltschutzorganisation so gering wie möglich zu halten. Wenn man etwas Eigenes aufbaut, hat man die Möglichkeit, diese Kosten auf null zu setzen. Bei ONE PLANET kann ich bei jedem Cent überprüfen, wofür er verwendet wird. Das bietet uns als Organisation die Möglichkeit, möglichst effektiv an unseren Projekten zu arbeiten. Hinzu kommt, dass ich wirklich großartige Geschäftspartner habe. Das hat uns die Gründung erleichtert.
Diesmal ging es um die Renaturierung eines Moores in Brandenburg. Motto der Vernissage war entsprechend „WeNeedMoor“. Es gibt – leider – unzählige Umweltprobleme – warum gerade Moore, und warum gerade dieses?
Ja, es gibt sehr viele Umweltprobleme. Mit der Renaturierung der Moore können wir aber gleich zwei Probleme angehen. Zum einen den Umweltschutz: Indem wir Moore renaturieren, sorgen wir dafür, dass Ökosysteme wieder aufgebaut werden und die Artenvielfalt in den Mooren wieder größer wird. Dadurch hat das Moor selbst als Ökosystem einen enormen Wert für unseren Planeten.
Zum anderen geht es auch um den klimatischen Aspekt: Die Trockenlegung von Mooren ist für sieben Prozent der deutschen Treibhausgase verantwortlich. Das entspricht ungefähr 53 Millionen Tonnen CO2 im Jahr und damit dem gesamten innerdeutschen Flugverkehr oder der Hälfte des deutschen PKW-Verkehrs. Im Vergleich zu anderen Klimaschutzmaßnahmen wie etwa dem Tempolimit haben die Moore das 20-fache an Potenzial. Durch die Wiedervernässung der Moore können wir daher einen erheblich direkteren Einfluss auf den Klimaschutz ausüben.
Das Projekt ist aus mehreren Gründen optimal für mich: Wir arbeiten zum einen mit zwei renommierten Instituten zusammen, die uns im gesamten Projektverlauf sehr helfen. Dabei handelt es sich um die Michael Succow Stiftung und das Greifswald Moorzentrum. Zum anderen ist das Projekt sehr konkret. Es gibt klar definierte Flächen und formulierte Ziele, die wir gemeinsam festgelegt haben. Auf diese Weise können wir unseren Impact genau nachverfolgen.
Ihre Tierbilder sind, auch wenn sie Interpretationsspielraum bieten, erkennbar – ihre abstrakten Gemälde teils nicht (siehe Aufmacher) – was stellt es dar?
Dieses Bild stellt den Torfboden eines Moores im Querschnitt dar. Oben ist die Wasserkante zu sehen und unten habe ich mit Hilfe von unterschiedlichen Materialien Medien wie künstlichen Moosen, Krakelierpaste, Spachtelmasse und teilweise auch Bio-Masse aus dem Moor selbst das dargestellt, was unter der Erde passiert. Bei abstrakten Gemälden finde ich diesen Ansatz, erst ein ästhetisches Bild zu zeigen und den größeren Überbau offen zu lassen, nach wie vor aufregend. Denn wenn die Betrachter zunächst das Bild auf sich wirken lassen und erst dann den thematischen Bezug mit verschiedenen Einzelheiten erfahren, verändert sich das Bild. Dadurch ergibt sich eine spannende Reise, auf die ich die Betrachter gern mitnehme. Hierin wird auch konkret die Verbindung von Kunst zu Narrativ deutlich.
Lassen sich Gemälde, die Zerstörung zeigen und uns Menschen daran erinnern, was wir falsch machen, gut verkaufen? Wie schwer ist der Spagat zwischen Kommerz und Kritik – Sie müssen davon ja auch leben…
Natürlich ist das ein schmaler Grat. Viele Menschen kaufen gern Kunstwerke, die vor allem einen ästhetischen Anspruch haben und in erster Linie schön sein sollen. Das ist auch vollkommen in Ordnung. Mich persönlich allerdings faszinieren am meisten solche Gemälde, die einen kunsthistorischen Überbau haben oder aus einer gewissen Intention heraus gemalt wurden. Daher finde ich es schön, wenn Kunst eine Geschichte erzählen kann. Ursprünglich habe ich künstlerisch gern das dargestellt, was verloren gegangen ist. Dazu gehörte das Spielen mit den Emotionen Wut und Trauer in meinen Kunstwerken. In den letzten Jahren ist mir aber klar geworden, dass ich meine Energie viel lieber dafür nutzen möchte, ein Teil der Lösung zu sein. Ich möchte aufzeigen, wie unsere Zukunft ganz konkret aussehen kann.
Gibt es weitere Pläne oder Projekte, die Sie mit ONE PLANET umsetzen wollen?
Es gibt mehrere Projekte, die wir gerade umsetzen. Aktuell möchte ich dazu aber noch nicht allzu viel verraten. Was ich allerdings schon sagen kann: Die nächsten Projekte werden deutlich größer sein. Das nächste Projekt wird zudem vollständig in Eigenregie von ONE PLANET durchgeführt und das darauffolgende Projekt mit vielen unterschiedlichen Kooperationspartnern stattfinden. Aber dazu werde ich später mehr verraten.
Gibt es schon eine Summe, die zusammengekommen ist, oder läuft die „Spendenaktion“ noch?
Die Spendenaktion läuft noch bis Ende Oktober. Aktuell liegt die gesammelte Spendensumme im niedrigen fünfstelligen Bereich. Wir führen weiterhin Gespräche mit Unternehmen und auch privaten Förderern, die dieses Projekt unterstützen möchten. Wir hoffen, dass wir noch viele weitere großartige Unterstützer finden.
Wie lange läuft die Ausstellung noch? Werden die Bilder auch noch anderswo zu sehen sein?Die Ausstellung läuft noch bis zum 31. Oktober. Ursprünglich war der Plan, die Ausstellung auch noch an andere Orte in Deutschland wie Berlin oder Köln zu bringen. Wir haben uns nun aber als Team vorerst dagegen entschieden, weil wir die Bilder zum einen in der VISION GALLERY, in Hamburgs bester Lage, dauerhaft im Galerie Surrounding ausstellen wollen. Zum anderen möchte ich den Ort vor allem im Oktober als Plattform nutzen, um Unternehmen und Bildungseinrichtungen zu involvieren und vor Ort Vorträge zu diesem Thema zu halten. Mein Ziel ist es eine Symbiose aus Wissenschaft und Kunst zu schaffen und ich freue mich darauf, viele weitere Besucher begrüßen zu dürfen.
Die Ausstellung ist in der VISION GALLERY zu sehen, Große Theaterstraße 43. Infos zum Joschua Gumpert gibt es HIER.
Aufmacherfoto: Joschua Gumpert vor einem von ihm gemalten Torfboden-Querschnitt. Mit seinen Werken und seinem Umweltschutzengagement möchte er aufzeigen, „wie unsere Zukunft ganz konkret aussehen kann“. Fotos: © Luca Credo