Sonntag, 16. Februar 2025
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    „Wir dürfen nicht wegschauen!”

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    Der neue Film „Die Flut – Tod am Deich”, der am 27. April ausgestrahlt wird, thematisiert brandaktuelle Themen wie Naturkatastrophen und tiefgreifende menschliche Muster auf eindringliche Weise. Wir sprachen mit Anton Spieker über die Thematik des Films, die Relevanz des Dialogs, eigene Herausforderungen und mehr.

    ALSTERTAL MAGAZIN: Du spielst den Türsteher Iven, der damals die verheerende Sturmflut in Stegebüll miterlebt hat. Was ist das Interessante an deiner Figur?
    Anton Spieker:
    Meine Rolle zeichnet sich durch eine starke persönliche Entwicklung aus. Da ist einerseits diese harte Schale und der dazu passende Lebensstil – und andererseits dieser weiche Kern, in dem sich Schuldgefühle und eine große Zerrissenheit verstecken. Im Laufe der Geschichte stellt sich Iven Stück für Stück seiner eigenen Vergangenheit und konfrontiert sich mit all dem, was er schon so lange verdrängt hatte.

    Das klingt nach einer sehr aufwühlenden Rolle.
    Das war sie auch. Wir haben fast 6 Wochen lang gedreht. Mitunter war es hart, immer wieder in diese Emotionen und das innere Chaos des Charakters zu schlüpfen. Nach manchen Drehtagen war ich beinahe erleichtert, dass die Szene nun im Kasten ist. Es gab zum Beispiel einen Tag, an dem es mir tatsächlich unglaublich schwer fiel, in diese extreme Gefühlswelt einzutauchen. Da profitierte ich vom Vertrauen zu unserem Regisseur Andreas, der mich motivierte, mich wieder voll und ganz auf meine Rolle einzulassen.

    Welche Szene war denn besonders herausfordernd?
    Eine der schwierigsten Szenen war die, in der es zum Clash zwischen Iven und Wienke kam. Zum ersten Mal sprach Iven laut aus, was er bis dato nie an die Oberfläche geholt hatte. Die Situation war nicht nur extrem emotionsgeladen und explosiv, sondern auch von einer aggressiven Übergriffigkeit gezeichnet, die wirklich hart zu spielen war. Da war es hilfreich, dass meine Kollegin Philine (spielt Wienke Haien) und ich uns menschlich zum Glück sehr gut verstehen.

    Anton Spieker und Philine Schmölzer in den Rollen Iven und Wienke. © ARD Degeto

    Der Film ist hochaktuell und enthält eine Menge Gesellschaftskritik. Wie können wir diese Thematik auf unsere Gegenwart übertragen?
    Wenn wir uns entwickeln und dazu lernen möchten, müssen wir uns mit der Vergangenheit konfrontieren und weniger in die Verdrängung gehen. Das ist meiner Meinung nach ein unumgänglicher Bestandteil des Prozesses. Besonders zur Zeit wird dies mehr als deutlich. Neben dem zunehmenden Rechtsdruck, der uns dazu veranlassen sollte, vermehrt an den Schrecken der deutschen Geschichte zu denken, nehmen auch die Naturkatastrophen drastisch zu. Und das wird im Film sehr eindringlich thematisiert. Wenn wir über den Klimawandel sprechen, sollte es nicht nur darum gehen, wie die Welt in 30 Jahren aussieht – sondern auch darum, dass die Naturkatastrophen immense private Tragödien auslösen. Der Klimaschutz sollte nicht mehr nur als gesellschaftliches Politikum begriffen werden – sondern vielmehr als ein persönliches Problem. Wir dürfen unsere Augen nicht mehr verschließen. Und genauso wenig dürfen wir fatalistisch eingestellt durch die Welt gehen – ohne die Motivation zu haben, etwas zu verändern. 

    Du selbst scheinst dich gut mit schwierigen Themen konfrontieren zu können.
    Ich hatte das Privileg, in meiner Familie ein starkes Fundament aus Vertrauen und Kommunikation zu erleben. Durch diese Basis habe ich, glaube ich, früh gelernt, mit Konflikten umzugehen und ins Gespräch zu gehen, anstatt eine Mauer aufzubauen. Das ist der Grund, warum ich niemals so stark in den Verdrängungsmechanismus gerutscht bin. 

    Zu Beginn des Films ist Iven in einen Eklat verwickelt, da er nach einer Auseinandersetzung Kritik am System der Exekutive ausübt. Wie beobachtest du das Thema in der gegenwärtigen Zeit?
    Die Exekutive ist ein sehr wichtiges Organ in unserem Rechtsstaat. Doch ist es meiner Meinung nach von hoher Relevanz, dass Menschen in Machtpositionen nicht wegschauen. Wenn wir Ungerechtigkeiten wahrnehmen, sollten wir uns auch dazu äußern dürfen. Ich denke, dass unsere Möglichkeiten der Mitgestaltung von Politik größer sind, als wir mitunter annehmen. Das sieht man auch an all den tollen Bewegungen, die mittlerweile für Veränderungen sorgen. 

    Wie blickst du auf die Entwicklung der Filmbranche? Nimmst du da auch Veränderungen wahr?
    Ich finde es ganz spannend, wie viel diverser die Branche wird. Das ist schön mitzuerleben. Es werden mehr Themen angesprochen – selbst wenn diese polarisieren könnten. Auch das Männerbild hat sich verändert. Heldenfiguren stehen jetzt auch Frauen zu und Männer dürfen emotionaler sein. Es gibt weniger festgesetzte Kategorien. Das fühlt sich sehr befreiend und richtig an. Denn Vielfalt und Offenheit sind doch die Basis von Kreativität.

    Du bist in Berlin geboren. Nun lebst du bereits seit 2 Jahren in Hamburg?
    Richtig. Ich habe mein Leben lang in Berlin gelebt – aber Hamburg kam für mich dennoch immer in Frage. Die Stadt hält einfach einen schönen Mix aus Ruhe und Trubel bereit, den ich sehr genieße. Und mir gefällt es, dass sich Beziehungen hier zwar langsamer, aber dafür tiefer aufbauen. Diese Art von Beständigkeit und Loyalität ist sehr wertvoll.     Hanna Odenwald

    Aufmacherbild: © Per Jacob Blut

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