„Wenn Menschen darüber entscheiden, was wichtig für einen unbedingten Lebenswert ist, so sollten sie immer wissen: Nichts kann wichtig sein, ohne wichtig für jemanden zu sein. So steht es Menschen nicht gut zu Gesicht, den Wert anderen Lebens nach menschlichen Wichtigkeitskriterien zu bemessen”. (Christin Korsgaard, Harvard-Philosophin)
Unser Umgang mit Tieren ist höchst widersprüchlich und oft weit entfernt von klaren ethischen Prinzipen. Sie leiden und sterben millionenfach für unsere Zwecke. Moralisch ist das kaum zu rechtfertigen.
Wir verwöhnen unsere Haustiere mit dem besten Futter, scheuen keine teure Behandlung und lassen sie sogar im Bett schlafen. Auf der einen Seite leiden Tiere in viel zu engen Käfigen, fristen ein schmerzerfülltes Leben und landen am Ende für wenige Euros auf unseren Tellern. Warum ist z.B ein Hundeleben mehr wert, als ein Schweineleben? Warum haben so viele Menschen kein Problem mit der grausamen Haltung von Nutztieren?
Auf der anderen Seite empören sich Tierfreunde darüber, dass in anderen Kulturen Hundefleisch auf den Teller kommt. Warum ist ein Leben mehr wert als das andere?
Wie passt das zusammen? Warum unterscheiden Menschen zwischen Haus- und Nutztieren? Denn eigentlich, gibt es doch gar keinen Grund dafür! Oder etwa doch?
Für dieses hochkomplexe und emotional belastete Thema habe ich mich mit den verschiedensten Meinungen und Aussagen auseinandergesetzt. Studien und Statistiken gelesen und mit dem bekannten Philosophen Prof. Dr. Bernd Ladwig, Professor für politische Theorie und Philosophie an der Freien Universität Berlin gesprochen.
Obwohl Verbraucher in Umfragen regelmäßig beteuern, dass ihnen das Tierwohl am Herzen liegt, greifen die meisten im Supermarkt nach wie vor zu Billigfleisch. Rund 88 Prozent des Frischfleischs der Supermarkt-Eigenmarken stammt aus Haltungsstufen mit den geringsten Tierwohlanforderungen, hat eine Marktstudie von Greenpeace ergeben.
Darum wird Fleisch niedriger besteuert als Babynahrung
Bisher gilt für Fleischprodukte der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent. Hafermilch wird dagegen mit 19 Prozent besteuert. Die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer gehen an den Staat. Sie werden nicht zweckgebunden eingesetzt. Der ermäßigte Satz von sieben Prozent soll den Verbraucher entlasten und gilt für viele Produkte, die der Grundversorgung dienen sollen.
Die unterschiedlichen Mehrwertsteuergesetze von sieben und 19 Prozent geraten immer wieder in die Debatte um Sinn und Unsinn.
Es müssten endlich eindeutige gesetzliche Vorgaben für die Tiergesundheit geben, mehr Kontrollen und damit auch einen wirklichen Schutz der Tiere. Wenn Tiere künftig besser- das heißt vor allem gesund- gehalten werden sollen, muss ein akzeptabler Standard für die Tiergesundheit zur gesetzlichen Pflicht für alle Tierhalter werden.
„Die gesamte heutige Fleisch-, Milch und Eier Produktion, wie sie in großem kommerziellen Maßstab betrieben wird, ist nur um den Preis der Missachtung tierischer Grundbedürfnisse und der vorzeitigen Tötung der Tiere zu haben. Sie würde sich einfach nicht rentieren. Allein das wäre Grund genug, unseren Umgang mit Tieren radikal zu überdenken, so Prof. Dr. Ladwig.“
Verbraucher können mit ihrem Einkaufs- und Konsumverhalten viel bewirken- etwa, wenn sie auf den Kauf von Fleisch aus Massentierhaltung verzichten und bereit sind mehr für Fleisch aus tiergerechter Haltung zu bezahlen. Der Preis für Fleisch und Wurst müsste laut Experten um zwanzig bis dreißig Prozent im Schnitt steigen und direkt den Tierhaltern zugutekommen, damit diese die Haltungsbedingungen ändern.
„Wir müssen uns für die Sichtweise sensibilisieren, dass unser Gemeinwesen speziesgemischt ist, nicht exklusiv menschlich. Auch Tiere hätten daher ein Recht auf die Berücksichtigung ihrer wesentlichen Ansprüche und Bedürfnisse. Die grundlegende Idee, dass der öffentliche Raum Menschen in ihrer Verschiedenheit als Gleiche einbezieht, ist ein guter Ausgangspunkt, um zu sagen: Das sollte nicht nur für Menschen gelten“, erläutert Prof. Dr. Ladwig.
Wie wir mit Tieren umgehen, sagt etwas über uns als Menschen – und leider sagt es nichts Gutes.
Ob Tiere eine Seele und Gefühle haben, kann nur fragen, wer über keine der beiden Eigenschaften verfügt. (Eugen Drewermann: Theologe, Psychoanalytiker und Schriftsteller)