Sonntag, 15. September 2024
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    Prost – und hoch die Gläser!

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    Erinnerungen zum Abschied von Werner Böhm. Von Wolfgang E. Buss

    Ja, wir haben uns viele Male getroffen! Werner Böhm war Alstertaler, hier so bekannt wie in der gesamten Republik. Er war ein begnadeter Künstler, Musiker und Entertainer – und ebenso ein Gescheiterter. Oder: Der Alkohol war sein Schicksal.

    Ich erinnere mich noch gut, als wir uns im schönen Golfclub Treudelberg trafen, zum Golfen oder Plaudern. Hoffnungsfroh in den Phasen, in denen Werner glaubte „trocken“ zu sein, und dann wieder nur sporadisch, während seiner Abstürze. Alle mochten ihn, und wer ihn mit „Hallo Werner“ begrüßen durfte, war im gesellschaftlichen Rang aufgestiegen. Er war der Star!  

    Mit Gummi-Huhn, Aktentasche und kariertem Jackett war er ab Anfang der Achtziger ebenso der Held jeder feucht-fröhlichen Party, verdiente Millionen, mit damals noch Schallplattenverkauf (für die jungen Leser: Das war Spotify auf schwarzen Scheiben, die man in einem Laden um die Ecke kaufen musste) und saftigen Tantiemen von der GEMA. 

    „Hier fliegen gleich die Löcher aus dem Käse,

    Denn nun geht sie los unsere Polonäse

    Von Blankenese bis hinter Wuppertal.“

    Werner hatte sich eine geniale und unverwechselbare Künstler-Marke geschaffen, die allerhöchstens bei Hochschullehrern der Geisteswissenschaften für leichtes Stirnrunzeln sorgte. 

    Werner Böhm auf der Bühne

    Doch Gottlieb Wendehals war mehr. Bereits vor seinem „Wendehals“ war er ein gefragter und begnadeter Jazz-Pianist, den die Hamburger Szenegänger (wie der Autor in jungen Jahren) im „Jazz House“, den „Riverkasematten“, im „Logo“, „Cotton-Club“, oder im legendären „Onkel Pö“ trafen. Übrigens mit anderen phantastischen Künstlern wie Otto Waalkes, Mike Krüger, Udo Lindenberg, Gottfried Böttger, Hans Scheibner, auf der legendären Hamburger Szene. Werner begleitete übrigens schon Jahre vorher Weltstars wie Louis Armstrong, Ella Fitzgerald und Erroll Garner am Flügel.

    Mancher erinnert sich an die Rentnerband, die Gruppen Leinemann, Frumpy mit Inga Rumpf, Meyers Dampfkapelle, Truck Stop, Schulzkes Skandaltrupp, Torfrock und so weiter. Die schöne, wilde Zeit, ohne kulturpolitischer Gängelung. Alles war eben feucht-fröhlich.

    Und das „feucht“, also der exzessive Umgang mit Alkohol, führte viele in eine fatale Abhängigkeit – und ins künstlerische Verderben. Nicht nur die Engländerin Amy Winehouse, der großartige Harald Juhnke wurden Opfer von Bier, Gin und Whisky, sondern auch viele Künstler der Hamburger Szene.

    Warum es so ist, dass Künstler in besonderer Gefahr sind, an ihrer Alkoholabhängigkeit zu scheitern, ist nicht belegt. Ob es etwa nur daran liegt, dass wir öffentlich ihren Verfall wahrnehmen – die anderen bestenfalls als Obdachlose in den Eingängen der Hamburger City liegen sehen?

    Mir, der seit nur mehr als 40 Jahren keinen Teelöffel Alkohol mehr zu sich genommen hat, fällt das besonders auf. „Alkohol löst Flecken – aber keine Probleme“ ist eine Erkenntnis. Ich erinnere mich noch gut an ein Gespräch mit Werner, als ich ihm sagte: „Du bist begnadet – aber auch Alkoholiker!“, worauf er mir mit ruhiger Stimme antwortete: „Wolfgang, wenn ich will, kann ich morgen mit dem Trinken aufhören!“ Hat er das wirklich geglaubt? Suchtexperten sagen mir, ja, das ist genau die Falle: Erst wenn ich erkenne, dass ich alkoholabhängig bin, werde ich mich in eine Therapie begeben.

    Nun möchte ich Werner nicht nur aus diesem Licht beschreiben, wohlwissend, dass viele meiner Kollegen aus Boulevard und Yellow-Press die sonnigen Seiten des Werner Böhm in den Mittelpunkt stellen, und den Nebensatz einflechten, er hat „dann und wann wohl mal zu tief ins Glas geguckt“. Sie können es nicht besser wissen.

    Immer wieder hat mir Werner erzählt: „Wolfgang, ich schreibe gerade an einem neuen Hit, damit komme ich ganz groß raus, wie mit der ‚Polonäse‘!“ Und dann habe ich wieder Monate – oder fast Jahre – nichts gehört.

    Was aktuell und medial an schmutziger Wäsche gewaschen wird, möchte ich nicht kommentieren. Es tut der Erinnerung an den einstigen großartigen Künstler nicht gut, der übrigens mit der wunderbaren – ebenfalls Alstertalerin – Mary Roos verheiratet war (1981 bis 1989) und mit ihr einen gemeinsamen Sohn hat. Ebenso die Gerüchte und Geschichten um seine Privatinsolvenzen sind unschön. Obwohl er Millionen verdiente, waren diese auch bald wieder verschwunden.

    Übrigens, wer erinnert sich? Im Herbst 2006 eröffnete Werner in Sasel ein Restaurant! Es hieß „Wendehals“, musste jedoch nach wenigen Wochen wieder schließen. Eine weitere Pleite? War er als Wirt sein bester Gast?

    In unseren Erinnerungen wollen wir Werner aber als großartigen Entertainer und Musiker – und Alstertaler behalten. Niemand konnte wie Werner mit seiner „Polonäse Blankenese“ eine so ausgelassene Stimmung erzeugen, mit Partygästen, die außer Rand und Band gerieten und plötzlich so viel Lebensfreude und Ausgelassenheit in sich entdeckten, wie vielleicht nie zuvor! Danke, Werner, für den Spaß, den du uns gemacht hast!

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    Wolfgang E. Buss
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