Weltweit wird mit Hochdruck nach Impfstoffen und Medikamenten gegen das neuartige Coronavirus geforscht. In Hamburg setzen Mediziner nun auf eine für andere Viruserkrankungen wirksame Behandlungsmethode: die Immuntherapie. Dafür benötigten sie das Blutplasma von bereits Genesenen.
Ende April, Corona beherrschte längst den Alltag oder legte ihn vielmehr in vielen Teile lahm, konnten Experten der sieben Asklepios Kliniken in Hamburg erste Schlüsse aus den Behandlungen der Infizierten ziehen. „Wir stellten fest, dass wir den Zustand der zuletzt etwa 30 Patienten auf unseren Intensivstationen zwar stabil halten konnten, er sich aber über einen längeren Zeitraum nicht maßgeblich verbesserte“, erinnert sich Prof. Dr. Dirk Arnold, Chefarzt der Abteilung Onkologie, Hämatologie, Palliativmedizin und Rheumatologie der Asklepios Klinik Altona (Foto). Zusammen mit Kolleginnen und Kollegen des Zentralinstituts für Transfusionsmedizin und der Laborgesellschaft Medilys kamen sie zu dem Schluss, dass eine Antikörper-Therapie mit Plasma von bereits genesenen COVID-19-Patienten den Krankheitsverlauf verbessen könnte. „Auf diese Weise wurden bereits andere gefährliche Viruserkrankungen bekämpft, von der Diphterie über die Spanische Grippe bis hin zu Ebola“, erklärt Prof. Arnold.
Das Prinzip ist dabei immer das Gleiche: Die Antikörper im Plasma von gesunden Spendern, die die Krankheit überstanden haben, löst eine passive Immunisierung aus, die im Idealfall das
gefährliche Coronavirus neutralisiert und den schwer erkrankten Patienten damit Zeit verschafft, um eine eigene Abwehr aufzubauen. „Das ist unsere Hoffnung“, sagt der Internist und Hämatologe Prof. Arnold. Sehr kurzfristig erteilte die Hamburger Gesundheitsbehörde den Antrag von Asklepios zur Herstellung des sogenannten Rekonvaleszenz-Plasmas als Arzneimittel die Genehmigung und ermöglichte somit den schnellen Einsatz des neuen Therapieansatzes. Bereits Anfang Mai meldeten sich zahlreiche Genese für eine Plasmaspende. Allerdings eignet sich nicht das Blut eines jeden. „Zu erst werden die Spender zu einer Voruntersuchung einbestellt, um zu testen, ob tatsächlich die nötige Anzahl der Antikörper im Blut vorhanden ist, und ob diese „aktiv“ genug sind“, erklärt Prof. Arnold. Zugleich wird das Blut auf andere Viren getestet. Weitere Voraussetzung für einst positiv auf Corona getestete Spender: Der Beginn der Krankheitssymptome muss mindestens vier Wochen zurückliegen.
Die Spende selbst erfolgt dann ähnlich einer gewöhnlichen Blutspende mit dem Unterschied, dass vor allem das Plasma dem Blut entnommen wird – und nicht, wie bei der Blutspende, die roten Blutkörperchen. Etwa 45 Minuten dauert dies, durchgeführt vom Blutspendedienst Hamburg (Infos und Anmeldung 040/20 00 22 00). Die Spende ist risikoarm und sogar weniger belastend als eine normale Vollblutspende, da der Körper das Plasma in nur wenigen Tagen neu bilden kann. „Die Chance, die uns die Antikörpertherapie bietet, ist auch deshalb so wertvoll, weil es aktuell weltweit noch keinen wirklich überzeugenden sonstigen Therapieansatz zur Beherrschung dieser schweren Erkrankung gibt“, ist der Internist und Hämatologe Prof. Arnold überzeugt.